Olivenzweige, Folge 18

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Liebe Bea, Du bist auf der richtigen Spur. Aber mehr verrate ich noch nicht. Da müsst Ihr die nächste Folge lesen! Viel Spaß dabei.

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Provence, Oliven
“Gaston war jeden Tag draußen auf dem Feld”, log Yves.
Consources, “Olivenbäume”, Some rights reserved, Quelle: www.piqs.de

“Welcher Tag ist heute?” Hélène versuchte, sich im Bett aufzusetzen. Sie hatte keine Schmerzen, war aber sehr schwach und schläfrig.
“Donnerstag”, antwortete Yves.
“Donnerstag? Mein Gott, wie lange bin ich denn schon hier?”
“Seit mehr als zwei Wochen.”
“Puh! Und es sieht nicht so aus, als käme ich bald hier raus, oder?”
Yves sah sie an und schüttelte langsam den Kopf. Es tat ihm so unendlich leid, dass er ihr nichts anderes sagen konnte.
“Der Arzt hat mir keine großen Hoffnungen gemacht”, fuhr Hélène fort. “Er sagt, ich brauche eine neue Niere.”
“Ich weiß”, sagte Yves leise und nahm ihre Hand. Sein Herz quoll über in diesem Moment. Bisher hatte kaum Schwierigkeiten gehabt, seine Gefühle für Hélène in Zaum zu halten. Jetzt aber sehnte er sich danach, ihr sagen zu dürfen, was er empfand.

“Ich muss mit Gaston sprechen”, sagte Hélène. “Wann kommt er denn?”
“Ich weiß es nicht”, antwortete Yves wahrheitsgemäß.
“Nur er wird mir aus dieser Patsche helfen können. Er ist mein einziger Verwandter.”
“Ich habe mich auch testen lassen.”
“Du?” Hélène lachte auf. “Yves, danke, vielen Dank. Du bist lieb. Aber, nein, auf keinen Fall. Das könnte ich nicht von Dir verlangen.”
“Hélène . . .”, Yves sah ihr in die Augen.
“Und überhaupt”, sagte sie und entzog ihm seine Hand. “Du weißt doch gar nicht, ob Deine Niere passen würde. Nein, das wäre überhaupt keine gute Idee. Ich warte, bis Gaston kommt.” Sie sank in die Kissen zurück, holte tief Luft und schloss die Augen. “Wenn ich nur nicht immer so müde wäre . . .”

Yves stand auf und lief im Zimmer auf und ab. Der lange antiseptische Kittel und der Mundschutz störten ihn, aber er wagte nicht, beides abzulegen. Hélène war so geschwächt, die kleinste Bakterie könnte sie das Leben kosten. Yves war völlig durcheinander. Seine Gefühle hatten ihn übermannt, gleichzeitig wusste er nicht, ob er Hélène erzählen sollte, was Gaston vorhatte. Es würde sie zu sehr aufregen. Zum Glück hatte sie nicht mitbekommen, dass ihr Bruder sie noch kein einziges Mal in der Klinik besucht hatte. Yves ging davon aus, dass Hélène sehr wohl wusste, wes Geistes Kind Gaston war. Aber ob sie mit so viel Herzlosigkeit und Egoismus rechnete? Gaston würde seiner Schwester nichts schenken, das war klar. Und schon gar keine Niere.

“Yves? Bist Du noch da?” Hélènes Stimme klang schwach.
“Ja. Ich bin noch da.” Yves eilte an ihr Bett, setzte sich wieder auf den Stuhl, der daneben stand.
“Bitte, sag Gaston, dass ich ihn dringend sprechen muss, ja? Tust Du das für mich?”
“Natürlich. Natürlich tu ich das.”
“Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob er mir helfen wird.”
“Wie kommst Du denn darauf? Er ist Dein Bruder, selbstverständlich wird er Dir helfen.”
“Ach, Yves! Denkst Du, ich sehe nicht, was Gaston für ein Mensch ist? Maman mag er erfolgreich getäuscht haben, aber mich nicht. Ich weiß ganz genau, dass er egoistisch ist und das Leben leicht nimmt.” Hélène sah ihn an. “Hat er Dir bei der Ernte geholfen?”
“Klar”, log Yves. “Er hat die Arbeiter angeleitet und in Schach gehalten. Jeden Tag war er draußen auf dem Feld.”
“Yves, bitte! Hör doch auf zu schwindeln. Wie ich meinen Bruder kenne, hat er die Tage auf dem Wasser verbracht. Hat da nicht dieser Surfwettbewerb stattgefunden, den er unbedingt gewinnen wollte?”
“Er hat ihn verloren”, sagte Yves kleinlaut und schaute auf den Boden.
“Das hätte ich mir denken können. Egoistisch und dann auch noch erfolglos, eine traumhafte Mischung.” Hélène lachte sarkastisch. “Trotzdem. Bitte ihn herzukommen, sobald Du ihn siehst. Es bleibt mir ja keine andere Wahl, als ihn zu fragen.” Hilflos blickte sie Yves an. Es brach ihm das Herz, sie so zu sehen. So zart, zerbrechlich, dem Schicksal ergeben. Zärtlich strich er über ihre Wange. Sie schloss die Augen und war schon wieder eingeschlafen.

Gerade als sich Yves von seinem Stuhl erheben wollte, betrat Docteur Leroc den Raum. “Monsieur LeGrand”, sagte er. “Gut, dass ich Sie hier treffe.”
“Docteur Leroc, wollten Sie zu mir?”
“Ja. Leider habe ich erneut schlechte Nachrichten.”
Yves stand auf. “Was ist passiert?”, fragte er.
“Es geht um das Haar, das wir ins Labor gegeben haben?”
“Ja?”
“Sind Sie sicher, dass es von Monsieur Cariol stammt?”
“Natürlich, ich habe gesehen, wie es auf seine Schulter fiel und habe es von dort genommen. Warum?”
“Dieser Mann kann unmöglich Madame Cariols Bruder sein. Sein Erbgut passt überhaupt nicht. Und leider scheidet er damit auch als Spender aus.”

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Olivenzweige, Folge 18; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

2 Antworten

  1. Das ist ja mal wieder eine Wendung! Ich bin geschockt.
    LG Bea

  2. oh du, welche Geschichte… Sue

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