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Im Fjord der Liebe, Folge 12

Eingetragen in: Im Fjord der Liebe | 1

Ist Brad jetzt eigentlich ein Supertyp, weil er sich zurückzieht, um Lisa die Zeit für die Entscheidung zu lassen? Oder ist er ein Weichei, das sich drückt? Bin mal gespannt, ob Lisa und er sich wiedersehen. Was glaubt Ihr?

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Norwegen, Fjord
Lisa schlug sich durch die Büsche und gelangte auf den Weg. Es waren ihre Tränen, in denen sich die Abendsonne spiegelte.
AggroFrosch, “Wasteland 1″, Some rights reserved , Quelle: www.piqs.de

Er saß bereits da, mit dem Rücken zu ihr und wartete. Lisa blieb einen Moment stehen, um die Szene in sich aufzunehmen. Nicolai auf dem alten Steg, den Blick übers Wasser auf die gegenüberliegenden Berge gerichtet. Sie war es, mit der er sich traf, nur sie allein. Wie früher als sie noch zusammen waren, in der guten, alten Zeit, der sie so sehr nachtrauerte.

Nicolai drehte sich um. Offenbar hatte er ihre Anwesenheit gespürt. “Hallo”, sagte er und stand auf.
“Hallo.”
“Komm”, er nahm ihre Hand, “setz Dich zu mir. Es ist herrlich hier in den Abendstunden.” Er führte sie an den Rand des Steg, direkt ans Wasser, setzte sich und ließ die Beine hängen. Lisa ließ sich neben ihm nieder. Sie hatte tausend kleine Ameisen im Bauch.
Eine Weile sprach keiner von ihnen ein Wort. “Lisa”, sagte Nicolai dann. “Ich bin Dir eine Erklärung schuldig.”
Lisa sah ihn an, sagte aber nichts.

“Weißt Du, ich stand damals unter einem unglaublichen Druck.”
Er nahm ihre Hand und sie durchfuhr ein Blitz nach dem anderen. Wie lange hatte sie sich nach einer Berührung von ihm gesehnt. Jetzt aber zog sie ihre Hand weg. Sie hatte kein gutes Gefühl, irgendetwas schien ihr den Hals zuzuschnüren.
“Mein Vater”, fuhr Nicolai fort.
“Ja?”
“Mein Vater drohte, mich zu enterben, wenn ich Dich heiraten würde.”
“Was?” Lisa traute ihren Ohren nicht. “Ich bin immer davon ausgegangen, dass er mich mag.”
“Das tut er auch. Aber er wollte eine besondere Frau für mich.”
“Eine besondere Frau?”
“Ja, eine, die in unsere Familie passt.”
“Ich verstehe kein Wort!”

Nicolai nahm erneut ihre Hand. Dieses Mal ließ Lisa es geschehen. “Sicherlich weißt Du, dass es in Norwegen eigentlich keinen Adel mehr gibt. Zumindest hat er seit 200 Jahren keinen Einfluss mehr.”
“Aha”, sagte Lisa. Sie hatte von all dem keine Ahnung. “Und der König?”
“Naja, der König ist noch da, aber die Adelsfamilien hat man mehr oder weniger ihrer Rechte beraubt.”
“Und was hat das alles mit Dir und Deinem Vater zu tun?”
“Wir gehören einer solchen entrechteten Familie an.”
“Du bist adlig?” Lisa war ehrlich überrascht.

“Ja, mir war das selbst nicht klar. Bis zu dem Tag, als mein Vater mich fragte, wie ernst es mir mit Dir sei.” Nicolai stand auf und lief auf dem Steg hin und her. “Und dann rückte er mit der Sprache heraus.”
“Was hat er gesagt?”
“Er drohte, mich zu enterben, wenn ich keine adlige Frau heirate. Das Geschlecht der von Langlos sollte adlig bleiben, auch wenn unser Einfluss verschwunden war. Mein Vater war in diesem Punkt so unnachgiebig wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte.”
“Und da bist Du eingeknickt?” Lisa merkte, wie die Wut in ihr hochkam.
“Was hätte ich denn tun sollen?”, rief Nicolai und rang die Hände. “Natürlich hab ich daran gedacht, auf mein Erbe zu verzichten. Das Gut, die Wälder und Seen, alles woran mein Herz hängt. Ich war so verzweifelt.”
“Du hättest mit mir reden können.” Lisa war jetzt auch aufgestanden.
“Nein! Diese Entscheidung hatte ich allein zu treffen. Ganz allein.”

“Du hast sie getroffen!” Lisa glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Sie war ihm nicht wichtig genug gewesen. Er hatte mehr an seinem Namen, seinem Besitz gehangen als an ihr. Der Gedanke war unerträglich. Lisa fasste sich an den Hals.
“Kanntest Du Beatrice damals schon?” Sie musste diese Frage stellen. Sie musste wissen, ob eine andere Frau seine Entscheidung forciert hatte.
“Nein, natürlich nicht. Vater hat sie mir präsentiert, lange nachdem es zwischen uns beiden aus war. Ich war so traurig und verletzt, dass ich zwei Jahre lang überhaupt kein weibliches Wesen angeschaut habe.”
“Du hast sie geheiratet, weil Dein Vater sie Dir präsentiert hat?” Lisa wurde laut, sie war fassungslos.
“Es war doch ohnehin schon alles egal. Ich hatte Dich verloren.”
“Nein”, Lisa schrie jetzt. “Nein, Du hattest mich nicht verloren, Du hast mich verlassen!” Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es brach aus ihr heraus. Nicolai wollte sie trösten, nahm ihren Arm, aber sie wehrte ihn ab und hämmerte ihm auf die Brust. “Du hast mich verlassen!”, rief sie wieder und wieder, schaffte es nicht, sich zu beruhigen.

“Lisa, bitte!” Nicolai sah sich um, aber es war niemand da, der die Szene hätte beobachten können. “Versteh mich doch! Wir hätten keine Zukunft gehabt, wenn ich hier alles hätte zurücklassen müssen.”
“Achja? Du wagst es, mir das zu sagen? Ich hätte für Dich, für unsere gemeinsame Zukunft alles aufgegeben. Habe sogar wegen Dir Meeresbiologie studiert, ein Fach, mit dem ich in Berlin überhaupt nichts anfangen konnte. Ich wäre zu Dir nach Norwegen gezogen, hätte meinem Land und meiner Familie den Rücken gekehrt. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Du dasselbe für mich getan hättest. Wie idiotisch!”
“Lisa”, Nicolai versuchte, sie zu beruhigen. Vergeblich.
“Lass mich! Ich kann nicht glauben, was Du da sagst. Und ich will kein weiteres Wort hören.” Lisa hielt sich die Ohren zu und rannte über den Steg, schlug sich durch die Büsche und gelangte auf den Weg. Es waren ihre Tränen, in denen sich die Abendsonne spiegelte.

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Im Fjord der Liebe, Folge 12; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

Eine Antwort

  1. sue
    | Antworten

    oh Mist bis Mittwoch warten….

    LG Sue

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