Heute geht die Geschichte von Mitzi, Max und Elisabeth aus Wien weiter. Viel Spaß beim Lesen.
“Oh nein”, murmelte Max und schlug mit der Faust auf den Wecker. Hatte er gestern Abend tatsächlich vergessen, das Ding auszumachen? Er hatte mal wieder zu viel getrunken, wie immer, wenn er sich über Elisabeth ärgerte.
Er zog die Bettdecke über den Kopf. Es war Sonntag und noch viel zu früh zum Aufstehen. Vor allem, weil er gestern Abend erst so spät eingeschlafen war. Nachdem Elisabeth ihn um halb sieben im Restaurant hatte sitzen lassen, war er zwei Stunden durch Wien gelaufen, um seine Wut los zu werden. Das war ihm nicht gelungen und so war er auf sein Zimmer gegangen und hatte einen Cognac nach dem anderen in sich hinein geschüttet.
Im Prinzip war es ein schöner Tag gewesen. Elisabeth und er hatten sich früh getroffen, waren zum Neusiedler See raus gefahren und hatten das Segelboot startklar gemacht. Elisabeth war wie immer nicht sehr hilfreich gewesen, was nicht nur an ihren hochhackigen Stiefeln lag. Max hatte ihr zwar im letzten Sommer Segelschuhe gekauft, aber die vergas sie jedes Mal – absichtlich oder nicht, Max war es egal. Sie hatte gelangweilt an Deck gesessen, während er mit Seilen hantierte, Knoten machte und Segel auseinanderwickelte. Das sei eben ihre Art des Segelns, hatte sie gesagt: die Sonne zu genießen und sich die Seeluft um die Nase wehen zu lassen.
Zunächst hatte Max sich nichts aus ihrer Gleichgültigkeit gemacht. Aber je weiter der Tag fortschritt, umso mehr störte er sich daran. Mehr noch, es hatte ihn wütend gemacht, dass sie seine Interessen so vollständig ignorierte und von oben herab beurteilte.
“Ich verstehe nicht, was Dir die Seglerei gibt”, hatte sie gesagt und sich gelangweilt eine Zigaretten angezündet.
“Bitte, Elisabeth! Du sollst doch an Bord nicht rauchen.”
“Nun hab Dich doch nicht so, mein Gott. Was soll schon passieren? Ein Brand? Pah, Löschwasser haben wir ja weiß Gott genug. Hahaha.” Sie lachte, aber es klang nicht fröhlich. Er hatte seinen Groll hinuntergeschluckt und den Kurs fortgesetzt. Erst später im Restaurant hatte er es nicht mehr ausgehalten. Das Gespräch hatte sich mal wieder um Pferde gedreht. Wie viel Liebe und Zuwendung sie brauchten, welche Preise Elisabeth noch gewinnen wollte und wie sie sich den großen Umbau der Rennbahn vorstellte.
“Bist Du nicht stolz auf mich, Schatz? Es gibt nicht viele, die der Wiener Stadtsenat als Expertin benennt. Hättest Du das gedacht? Du, der mich immer nur als pubertäre Pferdenärrin abtut.”
“Das habe ich nie gesagt, und das weißt Du.”
“Du magst Pferde nicht und würdest lieber heute als morgen sehen, dass ich dem Pferdesport den Rücken kehre. Aber ich sage Dir was. Das wird nicht passieren.” Sie hatte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf seine Brust getippt. Als könnte sie ihren Worten damit mehr Gewicht verleihen.
“Elisabeth, hör doch endlich damit auf. Ich bitte Dich. Ich habe nichts gegen Pferde und nichts dagegen, dass Du Dich mit ihnen abgibst. Nur diese Ausschließlichkeit stört mich. Als gäbe es im Leben nicht noch andere Dinge.”
“Ja”, sie lachte sarkastisch. “Segeln!” Dann war sie aufgestanden. “Es war der langweiligste Nachmittag meines Lebens heute, das kann ich Dir sagen. Auf dem Wasser rumschippern, Sonnenbrand kriegen, ach, was soll das alles überhaupt.” Sie hatte ihre Tasche genommen und war aus dem Restaurant gerauscht. Diese Auftritte kannte Max nur zu gut, gleichwohl gingen auch sie ihm mehr und mehr auf die Nerven. Warum schaffte er es nicht, sich von Elisabeth zu trennen?
Nach einiger Zeit war der Kellner gekommen, hatte Max einen fragenden Blick zugeworfen und auf dessen Nicken hin Elisabeths Gedeck abgeräumt. Auch Max hatte daraufhin keinen Bissen mehr essen können und das Restaurant verlassen. Ziellos war er durch Wien gelaufen, letztlich war ihm nur noch der Cognac als Rettung erschienen.
Max stand auf und ging ins Bad. “Wie wird es nur, wenn wir erst verheiratet sind?”, fragte er sein Spiegelbild.
Hier geht’s zu Folge 10 von “Grandhotel Herz”.
Grandhotel Herz, Folge 9; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.
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