Die Abendsonne tauchte den Garten in ein wundervolles Licht. Der Steg leuchtete regelrecht, das Wasser lag völlig ruhig und spiegelte das Rot. So war Norwegen am schönsten und erneut überfiel Lisa der Abschiedsschmerz.
“Brad”, sagte sie. “Ich muss Dir etwas gestehen.”
“Ich kann es mir schon denken”, sagte Brad, der neben ihr auf dem Steg saß. Er klang deprimiert. Den weiten Weg von Los Angeles nach Steinbek hatte er nur unternommen, um Lisa nahe zu sein. Er hatte es einfach nicht mehr ohne sie ausgehalten. Noch einen Versuch hatte er machen wollen, damit er sich später keine Vorwürfe zu machen brauche. Obwohl er geahnt hatte, dass es aussichtslos war. Das war ihm klar gewesen, als Lisa vor der Haustüre gestanden hatte. Dieses Gesicht würde er nie vergessen. Überraschung, Genervtheit und Abscheu hatte er darin gelesen. Brad hatte die nächste Maschine zurück nach Amerika nehmen wollen, aber Lisa hatte ihn überredet, zumindest eine Nacht zu bleiben, um den Jetlag zu überwinden und sich ihre Erklärung anzuhören.
“Du hast Dich verliebt”, fuhr er fort.
“Ja.”
“Und? Ist er der Mann, den Du suchst? Der, der Dich glücklich macht?”
“Er ist der, den ich gesucht habe. Aber glücklich macht er mich nicht.”
Brad sah Lisa fragend an.
“Er hat eine Andere”, sagte sie.
“Oh”, sagte Brad. “Das tut mir leid.”
“Ich lerne einfach nie dazu. Trixi hat recht, ich bin naiv und leichtgläubig. Dabei war ich mir so sicher, in ihm den richtigen gefunden zu haben.”
“Wenn er der richtige ist, dann wird er zu Dir kommen”, sagte Brad.
“Ach Brad! Du bist ein unverbesserlicher Romantiker und lebst in Deinen Hollywoodfilmen. Das wirkliche Leben aber funktioniert so nicht. Frederik hat eine komplizierte Familiengeschichte und eine Freundin, die ihn nicht so einfach aus ihren Klauen lässt.”
“Wichtig ist doch nicht, was seine Freundin will, sondern was er will.” Brad ließ nicht locker.
“Ja, natürlich”, sagte Lisa und wechselte das Thema. “Brad”, sagte sie und legte die Hand auf seinen Arm. “Ich stehe so sehr in Deiner Schuld. Es tut mir unendlich leid, was ich Dir angetan habe.”
“Wovon sprichst Du?”
“Ich habe Dich hingehalten all die Jahre. Es war doch für alle spürbar, dass ich Dich nicht so lieben konnte wie Du mich. Du bist ein guter Mann, und mein größter Wunsch wäre, dass wir Freunde bleiben? Meinst Du, das könnte klappen?”
“Das wird schwierig über die große Distanz. Aber wir sollten es auf jeden Fall versuchen.” Brad sah sie an und lächelte. Dann umarmten sie sich fest.
“Oho, was ist das? Eine Versöhnung?” Trixi war in den Garten gekommen.
“Nein, Schwesterchen. Wir haben gerade beschlossen, dass wir Freunde bleiben wollen. Das ist alles.”
“Schade”, sagte Trixi. Jetzt erst sah Lisa, dass Trixi Alexa im Schlepptau hatte. Alarmiert stand sie auf. Sie hatte den Schock vom Vortag noch nicht verdaut. Was wollte diese Frau hier? Was hatte das zu bedeuten?
“Brad, das ist Alexa”, sagte Trixi und zeigte auf ihre Gefolgschaft. Brad war ebenfalls aufgestanden und blickte Alexa mit großen Augen an. Auch Alexa schien wie hypnotisiert zu sein. Sie hatte nur Augen für Brad.
“Kennen sich die beiden etwa?”, fragte Lisa Trixi leise.
“Keine Ahnung”, antwortete ihre Schwester.
Alexa gab Brad die Hand, ohne den Blick von ihm zu wenden. “Hallo”, sagte sie nur. “Ich bin Alexa.”
“Hallo”, sagte auch Brad. “Ich bin Brad Pott.”
“Als wüsste sie das nicht”, flüsterte Trixi und lachte. “Ich glaube, Schwesterchen, das hier ist Liebe auf den ersten Blick.”
“Aber ich dachte . . . Was ist denn mit Frederik?”, stotterte Lisa.
“Tja, so wie es aussieht, ist Dein Großindustrieller jetzt frei.”
Im Fjord der Liebe, Folge 34; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.
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