Hedwig rieb sich die Hände an der Schürze trocken und setzte sich auf die Küchenbank. “Ich wünsche mir nichts mehr, als dass diese Frau verschwindet”, sagte sie. “Aber das wird wohl nie passieren.”
Trixi und Lisa setzten sich neben Hedwig und schauten sie fragend an.
“Erst hat sie seinem Bruder das Leben zur Hölle gemacht und jetzt nimmt sie sich Frederik vor.”
“Ich verstehe nicht”, sagte Trixi.
“Alexa war mit Frederiks älterem Bruder verheiratet.”
“Wieso war?”, fragte Trixi. “Sind sie geschieden?”
“Er hat sich das Leben genommen”, sagte Hedwig.
“Oh”, sagte Lisa und schlug sich die Hand vor den Mund.
“Wegen Alexa?”, fragte Trixi ungläubig. “Sie scheint mir eine nette Person zu sein.”
“Ha”, rief Hedwig aus. “Sie ist eine Blenderin und alle gehen ihr auf den Leim. Sie hatte Frederiks Bruder voll in der Hand.”
“Wie denn das?”, fragte Trixi weiter.
“Frederiks Bruder war ein sensibler Kerl, nicht so selbstbewusst wie Frederik. Er hatte auch nicht das glückliche Händchen seines Bruders”, erzählte Hedwig. “Was Frederik anfasst, geling wie von selbst. Sein Bruder musste immer kämpfen. Den anstrengendsten Kampf führte er gegen seinen Vater.”
“Den Patriarchen”, sagten Lisa und Trixi wie aus einen Mund.
“Ja. Er war der Älteste und nach der konservativen Auffassung des Vaters war es selbstverständlich, dass er die Firma übernahm.” Hedwig stand auf und holte drei Gläser aus dem Schrank. Sie goss sich und den Schwestern Apfelsaft ein und nahm einen großen Schluck.
“Aber das Unternehmertum war nicht seine Welt. Frederiks Bruder war ein Schöngeist, schrieb Gedichte, segelte übers Meer, trieb sich in der Künstlerszene rum. Das alles war dem Alten ein Dorn im Auge.”
“Und wie hat er Alexa kennengelernt?”, fragte Trixi.
“Der Vater hat sie ihm vorgestellt. Er dachte wohl, eine resolute Frau würde seinen Sohn auf die richtige Spur setzen.”
“Der Alte hat ihn gezwungen, Alexa zu heiraten?” Lisa war bestürzt. Waren eigentlich alle Väter so egomanisch?, fragte sie sich und dachte an Nikolai. Und waren alle Söhne zu schwach, sich gegen diese Väter zu stellen?
“Ja, und Frederiks Bruder hatte keine Wahl. Ihr kennt den alten Mörk nicht. Sich ihm zu widersetzen, ist fast unmöglich. Auch Frederik ist seinem Vater weitgehend zu Willen. Zumindest, was die Firma angeht.” Hedwig trank einen weiteren großen Schluck.
“Wie lange waren die beiden verheiratet?”, fragte Trixi.
“Nicht lange”, sagte Hedwig. “Drei Monate vielleicht. Dann ist er mit seinem Segelboot hinausgefahren aufs Meer.”
“Und?” Die Schwestern hingen an Hedwigs Lippen.
“Als er nach 24 Stunden nicht zurück war, haben sie die Seerettung angerufen. Man hat ihn nie gefunden, das Boot schaukelte völlig einsam in den Wellen.”
Trixi griff nach ihrem Glas. “Es könnte doch auch ein Unfall gewesen sein.”
“Frederiks Bruder war ein guter Schwimmer Es hatte keinen Sturm gegeben, die See war an jenem Tag vollkommen ruhig. Nein, ich bin sicher, er hat sich umgebracht.”
“Wurde die Leiche denn gefunden?” Trixis Spürsinn war geweckt.
“Nein, nie. Man geht davon aus, dass er sich ein Gewicht umgehängt hat. Ich glaube nicht, dass man ihn je findet.” Hedwig schlug die Hände vors Gesicht.
“Wie lange ist das her?”, fragte Lisa.
“Ein halbes Jahr”, antwortete Hedwig mit tränenerstickter Stimme.
“Und was will Alexa jetzt von Frederik?”
“Der Alte hatte verfügt, dass Alexa nach dem Tod seines Sohnes völlig leer ausgeht”, sagte Hedwig. “Und jetzt macht sich Alexa an Frederik ran. Da gibt es wenigstens noch was zu holen.”
“Das ist ja eine unglaubliche Geschichte”, sagte Trixi und schaute auf die Uhr.”Aber ich denke, wir müssen jetzt gehen. Unsere Eltern erwarten uns zurück und wir müssen uns noch um das Auto kümmern.” Sie stand auf.
“Natürlich”, sagte Hedwig. “Tut mir leid, ich wollten sie nicht mit der alten Familiengeschichte langeweilen.”
Die Schwestern schüttelten Hedwig die Hand und öffneten die Tür. “Auf Wiedersehen Hedwig, hat uns sehr gefreut.”
“Auf Wiedersehen.” Hedwig stand in der Tür und winkte.
“Ach”, Trixi drehte sich im Weggehen noch einmal um. “Wie hieß Frederiks Bruder eigentlich?”
“Ole”, sagte Hedwig. “Er hieß Ole.
“
”
Im Fjord der Liebe, Folge 24; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.
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