So ein Mist, Mann! Väter können manchmal aber auch stur sein. Aber wie wir Yves kennen, wird er seinen Weg machen. Sicherlich wird er einen anderen Dreh finden, um Hélènes Gut zu erhalten. Wartet nur ab!
Bleischwer waren seine Glieder, als Yves am nächsten Morgen aufwachte. Die Sonne strahlte in sein Zimmer, der Himmel war wie immer blau. Unerträglich blau, wie es Yves heute vorkam. Sofort kam ihm das Gespräch mit seinem Vater in den Sinn und die Flasche Rotwein, die er danach – mehr aus Wut, denn aus Verzweiflung – getrunken hatte. Der alte Herr war verbittert und gekränkt und das würde wohl bis an sein Lebensende anhalten. Der einzige Sohn hatte kein Interesse an seinem Lebenswerk, das war hart. Aber Yves konnte nicht aus seiner Haut.
Er stand auf und duschte lange. Als er aus dem Badezimmer kam, hörte er Clarence mit dem Geschirr klappern. Yves liebte dieses Geräusch. Das Frühstück würde fertig sein, wenn er nach unten kam. Schnell schlüpfte er in ein paar Klamotten und lief die Treppe hinunter.
“Guten Morgen, Clarence!”
“Guten Morgen, Monsier LeGrand!” Clarence sah ihn an. “Oh, Sie sehen ein wenig mitgenommen aus, heute. Haben Sie gestern zu viel ins Glas geschaut?”
“Ich hatte ein sehr unerfreuliches Telefonat mit meinem Vater”, antwortete Yves.
“Oh, verstehe.” Clarence drehte sich wieder zur Spüle und wusch das Rotweinglas vom Vorabend ab.
“Wie geht es Madame Cariol?”, fragte sie.
“Schlecht, sehr schlecht. Sie braucht eine neue Niere.”
“Mein Gott, das ist ja furchtbar. Kann man denn so schnell einen Spender finden?”
“Nein, das ist ja das Problem.” Yves nahm einen Schluck Kaffee. “Ach, Clarence, ich sehe einfach keinen Ausweg mehr.”
Die Haushälterin setzte sich neben Yves. “Kommt Zeit, kommt Rat”, sagte sie. “Sie werden sehen, Monsieur, alles wird gut.”
“Ihren Glauben ans Leben möchte ich haben, Clarence. Ich sehe im Moment nur schwarz.”
Da klopfte es an der Tür. “Yves, bist Du da?” Es war Gaston. Was wollte der in aller Herrgottsfrühe? Yves stand auf und öffnete die Tür. Gaston war nicht allein. Neben ihm stand eine attraktive Blondine in teuren Klamotten, sie mochte Mitte 50 sein.
“Yves, das ist Cathérine Marie. Sie ist an unserem Gut interessiert, würde es gerne kaufen.”
“Guten Morgen.” Yves streckte der Frau die Hand hin. Cathérine hatte einen festen, entschlossenen Händedruck. Mit ihr würde nicht zu spaßen sein, dachte Yves. Ihr Lächeln aber war freundlich.
“Sie sind Monsieur LeGrand? Freut mich sehr. Gaston hat mir erzählt, dass Sie sich weitgehend um alles kümmern. Als eine Art Verwalter, nehme ich an?”
Yves schaute fragend. Erst sah er Madame Marie an, dann Gaston. Der lachte wie immer frech.
“Ja, Yves ist die gute Seele des Besitzes”, sagte er. “Ohne ihn wären wir hier aufgeschmissen.”
Wie wahr, dachte Yves. Er konnte kaum an sich halten. Gaston war noch unverfrorener als er gedacht hatte. Stand da im feinsten Zwirn und spielte den Großgrundbesitzer. Er war sich in keinster Weise bewusst, dass er dabei war, das Vermächtnis seiner Mutter, sein eigenes Vermögen und das seiner Schwester zu verhökern. Er war noch immer der Meinung, das große Geld zu machen und dann endlich frei zu sein.
“Ich hole meine Jacke”, sagte Yves.
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Olivenzweige, Folge 22; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.
2 Antworten
Sue
So, Machtwort: bis Weihnachten halte ich das ganze nicht mehr aus: BItte , nun mal Butter bei de Fische.
Weiste, der Weihnachtsstress und alles und du hast es so drauf , uns ein Stückchen für Stückchen zu schreiben…LG Sue
bea
Hmm. Viel hast Du uns ja jetzt nicht gegeben. Machs doch bitte nicht soo spannend. Das zehrt an den Nerven! LG Bea