Ja, ich hab auch das Gefühl, dass Yves jetzt handeln muss. Mal sehen, was ihm einfällt, um die Situation zu verbessern. . .
Yves saß auf dem Sofa, auf dem Tischchen vor ihm stand ein Glas Rotwein. Erneut nahm er das Telefon und wählte die Nummer seines Vaters. X Mal hatte er bereits wieder aufgelegt, weil er nicht so recht wusste, wie er seinem alten Herrn die Lage erklären sollte. LeGrand Senior war kein einfach Mann, er war ein Patron durch und durch. Er schätzte es nicht, wenn die Dinge nicht so liefen, wie er es wünschte. Vor allem schätzte er Menschen nicht, die seinen Plänen zuwider handelten. Und wenn es der eigene Sohn war, umso schlimmer.
Doch dieses Mal war Yves entschlossen. Er ließ es klingeln. Es würde dauern bis sein Vater ans Telefon ging, das Haus war groß und der Alte nicht mehr so gut zu Fuß. Aber Yves hatte keine Lust gehabt auf eine Plauderei mit Frau Beinhold, deshalb hatte er bis zum Abend gewartet und seinen Vater privat angerufen.
“Oui, hallo?” Das war schneller gegangen als gedacht.
“Vater, hier ist Yves.”
“Yves? Na, das ist ja eine Überraschung. Was verschafft mir die Ehre Deines Anrufs?”
“Ich bin in einer verzwickten Situation.”
“Dachte ich mir schon. Warum sonst würdest Du mich anrufen? Geht es um eine Frau? Oder brauchst Du Geld?”
“In gewisser Weise beides . . .” Yves fühlte sich immer unsicher in der Gegenwart seines Vater, und wie er feststellen musste, galt das nicht nur, wenn er ihm gegenüber stand, sondern auch am Telefon.
“Oh, Mann, Junge. Da meldest Du Dich monatelang nicht bei mir und das erste, was ich von Dir höre ist: Ich brauche Geld. Was hab ich nur falsch gemacht?”
“Vater, es ist wirklich wichtig. Ich habe eine Frau kennengelernt. Sie ist schwer krank und kann sich nicht um ihren Besitz kümmern. Ich muss das für sie tun.”
“Ach!?!? Um den Besitz einer wildfremden Frau kannst Du Dich kümmern, aber der Besitz Deiner Familie ist Dir egal.”
“Vater, bitte!” Yves hoffte so sehr, dass sein Vater ihm nicht wieder die alten Vorwürfe machen würde.
“Du hättest hier alles haben können. Alles. Ein großes, florierendes Unternehmen, Macht, Geld, Ansehen. Aber Du gingst fort, hast alles hinter Dir gelassen. Wolltest frei sein. Pah! Frei! Was heißt schon frei? Jetzt musst Du selbst sehen, wie Du klar kommst. Von mir hast Du nichts mehr zu erwarten, das ist Dir doch hoffentlich klar.”
“Vater, sie wird vielleicht sterben.”
“Das tut mir sehr leid, mein Sohn. Aber ich musste mit Deiner Entscheidung leben, nun musst Du es auch.”
“Du kannst es nur nicht ertragen, wenn Menschen nicht so funktionieren, wie Du es für sie vorgesehen hast. Hast Du mich je gefragt, ob ich Deinen Scheiß-Verlag übernehmen will? Ob es mir gefällt, tagein tagaus in diesem Büro zu sitzen und zuzusehen wie mein Leben an mir vorbeizieht? Nein, Vater, ich bin nicht wie Du. Ich lasse den Menschen ihr eigenes Leben und bestrafe sie nicht dafür.”
“Ich bestrafe Dich auch nicht, Yves. Ich gebe Dir nur kein Geld mehr. Außerdem: Wenn ich recht informiert bin, dürftest Du doch noch ein recht üppiges Vermögen haben. Oder ist das Landleben in der Provence so teuer?”
“Ach, Vater. Vielleicht kommt ja doch irgendwann der Tag, an dem Du mich verstehen wirst. Mach’s gut!” Yves legte auf, er hatte genug Zeit verschwendet. Sein alter Herr würde nie begreifen, warum er aus Paris weggegangen war. Es hatte keinen Zweck. Wenn er Gaston ausbezahlen wollte, musste er die Summe anderswo auftreiben.
Hier geht’s zur Folge 22 von “Olivenzweige”
Olivenzweige, Folge 21; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.
2 Antworten
Sue
Ja, bitte erlös uns und mache den Wendepunkt perfekt. Sue
bea
Hmm. Das ist ja jetzt nicht wirklich aufschlußreich. Sind wir ja auch nicht weiter, liebe Carola. Du spannst uns wirklich diesmal zu doll auf die Folter!!! Bitte erlöse uns!
LG Bea