Das Sommerfest auf dem Gut steht kurz bevor. Es soll eine tolle Fete werden, aber Georg hat nicht so recht Lust darauf. Und dann sieht er sich beim Frühstück auch noch völlig haltlosen Vermutungen gegenüber . . . Aber lest selbst!
“Georg, mein Lieber. Guten Morgen. Ich hoffe, Du hast gut geschlafen.” Margit von Kessel empfing Georg mit einem Teller in der Hand, als er in den Speisesaal kam. Sie hatte einen guten Appetit, das wusste der junge Graf aus Erzählungen seiner Mutter. Sie kann essen, was sie will, hatte seine Mutter immer bewundernd gesagt, und sie nimmt kein Gramm zu. Das stimmte, Margit von Kessel hatte trotz ihres fortgeschrittenen Alters eine bemerkenswerte Figur. Die beiden Lachsbrötchen und der Tartar, den sie sich aufgehäuft hatte, zeigten, dass sie ihre Essgewohnheiten nicht geändert hatte. “Ein herrlicher Morgen”, fuhr sie fort. “Ich bin schon in aller Herrgottsfrühe durch den Park gejoggt, ein wunderbares Erlebnis.” Sie lachte und setzte sich an den Tisch. “Meinst Du, Linette könnte mir noch eine Tasse Kaffee bringen?” “Natürlich”, sagte Georg und läutete nach dem Dienstmädchen. Unentschlossen schritt er das Frühstücksbüffett ab. Er hatte keinen Hunger. Die schlaflose Nacht und die barschen Worte Ingrids steckten ihm noch in den Knochen. “Magst Du gar nichts essen? Ein junger Mann wie Du braucht doch morgens etwas Ordentliches im Magen, meinst Du nicht? Es liegt ein anstrengender Tag vor Dir. All die Gäste, das große Fest, das bis in die Nacht dauern wird. Komm, ich stell Dir was Leckeres zusammen.” Schon hatte sie sich einen Teller geschnappt und verteilte munter allerlei Verschiedenes darauf. “Linette, wo sie gerade hier sind. Bringen Sie dem jungen Grafen eine starke Tasse Kaffee. Er sieht aus, als könnte er sie gebrauchen.” Georg sagte nichts mehr, er hatte nicht die Kraft zu wiedersprechen, überhaupt war ihm gar nicht nach Konversation zumute. “Hattest Du gestern noch einen netten Abend mit Ingrid?” Margit von Kessel hatte den Teller vor ihn hingestellt setzte sich wieder. “Wir haben uns sehr gefreut, als ihr beide zusammen verschwunden seid. Weißt Du, Herbert und ich würden es sehr gerne sehen, wenn ihr beide eine Zukunft hättet.” “Wir sind nicht zusam….”, setzte Georg an. Da flog die Tür zum Speisezimmer auf und Graf Hasso trat ein. Donnernd sagte er: “Margit, Du alte Sportskanone. Jetzt weiß ich auch, warum Du essen kannst wie ein Mann. Ich hab Dich heute Morgen gesehen. Und ich muss sagen, nicht schlecht. In Deinem Alter! Herbert ist wirklich ein Glückspilz.” Er lachte schallend und küsste Margit von Kessel auf die Wange. “Ach Hasso, Du alter Charmeur. Setz Dich zu mir und iss”, sagte sie. “Dein Sohn scheint daran kein Interesse zu haben. Wie ein Vögelchen pickt er in den leckeren Köstlichkeiten rum.” “Georg ist ein Feingeist”, sagte Graf Hasso. “Und die leben von Luft und Liebe, haha”. Hasso zwinkerte und fasst die alte Freundin am Arm. “Ich hingegen brauche jetzt etwas zwischen die Kiemen.” Hasso stand auf. “Und mein Sohn, hast Du gut geschlafen? Wir haben wohl bemerkt, dass Ingrid und Du zusammen nach oben gegangen seid.” Er klopfte Georg im Vorbeigehen auf die Schulter. Der junge Graf dreht sich um: “Nicht, dass hier Missverständnisse aufkommen . . ” Sein Vater fiel ihm ins Wort. “Heijeijei. Linette ist ein Teufelsweib. An diesen Lachsbrötchen kommt keiner vorbei. Die sind ein Gedicht.” Hasso wandte sich an Margit von Kessel. “Den Meerrettich macht sie selbst. Und weiß der liebe Gott, wie sie das macht. Das Zeug schmeckt jedenfalls himmlisch. Wo ist eigentlich Ingrid? Schläft sie noch? Immerhin ist es schon fast zehn. Das muss ja eine Nacht gewesen sein!” Graf Hasso lachte wieder schallend. Das war eine Geschichte ganz nach seinem Geschmack. “Georg? Georg? Was ist los, wo gehst Du denn hin?” Er hatte gar nicht gesehen, dass Georg aufgestanden war. Der junge Graf war schon fast zur Tür draußen. “Ich muss vor dem Fest noch mal in den Stall, nach dem Rechten sehen”, rief er im Hinausgehen. Er hatte die Nase gestrichen voll von all den Anspielungen und Vermutungen. Er musste weg.
Ich finde es sehr authentisch, dass Du noch das passende Foto dazu gepostet hast, macht das Deinen Groschenroman gleich noch lebendiger!
LG, Rena
http://dressedwithsoul.blogspot.de/
Liebe Rena, ich freue mich sehr, dass Dir meine Geschichte gefällt und Du offenbar ein Fan geworden bist. Vielen Dank dafür. LG Carola
Liebe Claire, vielen Dank für Dein Kompliment. Freut mich sehr. Die Klischees müssen sein, da hast Du Recht. Und sie machen ja auch Spaß.
Schöne Grüße Carola
Liebe Carola,
Ich habe eben die erste Folge deines Groschenromans gelesen und finde ihn sehr nett geschrieben. Natürlich klischeehaft, wie solche Geschichten sind, aber Klischees haben ja immer einen wahren Kern!
Toll, dass du das schreibst!
Liebe Grüße
Claire