Ja, das ist in der Tat eine traurige Vergangenheit, die Judith da mit sich rumschleppt. Da wird es Zeit, dass ein rechter Mann auftaucht, der sie auf andere Gedanken bringt, oder? Was meint Ihr?
“Oh, nein!” Judith traute ihren Augen nicht, als sie zum Parkplatz kam. “So eine Frechheit.” Sie rang die Hände. Jemand hatte sie eingeparkt, ein schnittiger BMW stand direkt hinter ihrem Wagen. Judith lief mehrmals um das Auto herum. “Mist”, sagte sie laut. “Was hat der sich nur dabei gedacht?” Der Parkplatz war leer, bis auf den Wagen ihrer Eltern und den BMW dahinter. Zu dumm nur, dass sie so nah an die Mauer gefahren war. Jetzt war sie regelrecht eingekeilt. Da bestand keine Chance.
Judith sah sich um. Weit und breit keine Menschenseele. Auch das noch, dachte sie und setzte sich auf den Bordstein. Ihr Vater würde wütend werden, er brauchte das Auto morgen früh und sie hatte versprochen, es bis dahin zurückzubringen. Sie könnte die Polizei rufen, aber das wäre wohl zu übertrieben. Weit konnte er ja nicht sein, der Besitzer des BMW. Die Gegend war unbewohnt, wer hier freiwillig übernachtete, war verrückt. Judith ging zum Auto, zog ihre Jacke an und setzte sich hinters Steuer. Es war spät und langsam wurde es kühl.
Sie war fast ein wenig eingenickt, als sie plötzlich Stimmen hörte. “Ach, das ist hier wirklich ein schönes Fleckchen Erde”, sagte eine Frau. Judith öffnete die Tür und stieg aus. In der Dunkelheit erkannte sie schemenhaft ein Paar, das sich dem Parkplatz näherte. “Ja, da hast Du Recht.” Der Mann lachte, nahm die Frau in den Arm und küsste sie auf die Wange. “Das ausgerechnet wir beide einmal zusammen hier oben sein würden, hätte ich auch nicht gedacht.” Als er Judith sah, verlangsamte er seinen Schritt. “Oh, Oh”, sagte er leise. “Ich glaube, da ist jemand ganz schön sauer.”
“Ich nehme an, das ist Ihr Wagen?” Judith ging auf die beiden zu. “Ja”, sagte der Mann. Er sah gut aus, jung und spitzbübisch mit lachenden Augen und dunklen Haaren, die im Nacken ein wenig zu lang waren. Ein bisschen erinnerte er Judith an Frederick. Er war schlank und nicht sonderlich groß, was aber in der Jeans und dem schlabbrigen T-Shirt zunächst gar nicht auffiel. “Wieso haben Sie so dicht hinter mir geparkt?”, fragte Judith. “Der ganze Parkplatz ist frei.” “Ja”, antwortete der Mann. “Jetzt! Aber als wir kamen, war alles voll. Ich war mir sicher, dass wir gleich wieder zurück sein würden, da hab ich den Wagen einfach kurz abgestellt.” Er sah seine Begleiterin an und grinste. “Aber dann hat es doch ein wenig länger gedauert.” Die Frau lachte ihn an. Sie war klassisch schön. Blondes, langes Haar umrahmte ein ebenmäßiges Gesicht, sie trug ein teures Kostüm und hochhackige Pumps. Völlig unpassendes Schuhwerk für eine Spaziergang in der Natur, wie Judith fand. “Aha”, sagte sie nur und wandte sich wieder ihrem Auto zu. “Dann wäre es nett, wenn Sie jetzt wegfahren würden.” Der Mann kramte in den Taschen seiner Jeans und zog den Autoschlüssel hervor. “Es tut mir Leid. Wir haben die Zeit vergessen. Warten Sie schon lange?”, fragte er und klang fast ein wenig schuldbewusst. “Eine Stunde vielleicht”, antwortete Judith. “Eine Stunde?”, fragte er. “Na, das ist ja nicht so schlimm!” Judith glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. So eine Unverschämtheit. “Das war ein Scherz!”, sagte er gerade als sie etwas entgegen wollte. “Sehr lustig”, sagte Judith und machte eine Grimasse. “Ihren Humor hätte ich auch gerne!” “Hören Sie”, sagte der Mann und kam näher. “Es tut mir sehr leid. Das habe ich doch schon gesagt”, sagte er. Judith sah sein Gesicht. Das Spitzbübische war verschwunden. Er meinte es ernst. “Ich würde es gerne wieder gut machen. Darf ich Sie zum Essen einladen? Vielleicht morgen Abend?” Da musste Judith lachen. Die blonde Frau hatte sich schon ins Auto gesetzt und von der Unterhaltung offenbar nichts mitbekommen. “So schlimm war es nun auch wieder nicht”, antwortete Judith. “Ich glaube, es reicht, wenn Sie jetzt einfach nur wegfahren, damit ich nach Hause kann.” “Schade”, sagte er leise. “Ich kenne wenige Frauen, die in einem solchen Fall so gelassen reagieren. Chapeau!” Er lüpfte einen imaginären Hut, ging zu seinem Auto und öffnete die Tür. “Sie gefallen mir”, rief er, bevor er einstieg. Judith hörte ihn nicht. Sie saß bereits im Wagen.
Herzschmerz hautnah, Folge 3, ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich
Du machst es aber wieder spannend. Ich brenne auf die nächsten Folgen…Sue
Carola, Du wirst immer besser. Das ist wieder sehr vielversprechend. LG bea