Tolle Story, was, die Klaus Gruber da erzählt hat. Manchmal holen einen die alten Geschichten gnadenlos ein. Pech für Vera. Ich denke, jetzt wird die Sache bald aufgeklärt sein, oder? Was meint Ihr?
Judith blätterte um. Sie hatte ihren Computer schon vor einer halben Stunde heruntergefahren und las nun einen Artikel im Kosmetikfachblatt. Sie wartete darauf, dass Gabriel Feierabend machte und das Labor verließ. “Judith, was machen Sie denn noch hier?”, fragte Gabriel plötzlich. “Sonst sind Sie doch um diese Uhrzeit längst weg.” “Ach”, antwortete Judith. “Ich hab die Fachblätter in letzter Zeit vernachlässigt. Wenn ich auf dem Laufenden bleiben will, komm ich nicht drum herum, sie zu lesen. Und abends habe ich dafür einfach die meiste Muse.” “Also, ich gehe jetzt”, sagte Gabriel und schaltete den PC aus. “Es ist reichlich spät.” Judith legte das Fachblatt auf den Tisch. “Wissen Sie was?”, sagte sie. “Sie haben Recht. Zeit zu gehen.”
Sie schlossen das Labor ab und traten hinaus auf den Parkplatz. “Also dann, einen schönen Abend noch”, sagte Judith und nahm den Weg zur Bushaltestelle. “Wohin gehen Sie?”, fragte Gabriel verwundert. “Sind Sie nicht mit dem Wagen da?” “Nein”, antwortete Judith und lachte. “Der ist mal wieder in der Werkstatt.” “Kommen Sie, ich nehme Sie mit”, sagte Gabriel. “Wer weiß, wann in dieser gottverlassenen Gegend so spät noch ein Bus fährt?” “Das ist sehr nett”, sagte Judith, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Wortlos fuhren sie vom Parkplatz und bis zur nächsten Ampel. “Was ist eigentlich zwischen Ihnen und Vera?”, fragte Judith. Diese Frage hatte ihr den ganzen Tag auf der Zunge gelegen, sie war der Grund, warum sie auf Gabriel gewartet hatte. Heute Abend wollte sie herausfinden, was zwischen den beiden gelaufen war und ob der Verrat der Zauberformel nicht irgendwie auch mit Gabriel zu tun hatte. Das nämlich sagte ihr ihr Instinkt.
“Warum, was soll sein?”, fragte Gabriel zurück und sein Gesicht bekam einen verbitterten Zug. “Naja”, sagte Judith vorsichtig, “ich habe das Gefühl, Sie beide verstehen sich seit geraumer Zeit nicht mehr. Da sind negative Schwingungen und ich habe in den letzten Wochen kein nettes Wort zwischen Ihnen gehört.” Gabriel starrte geradeaus. “Ich weiß, dass Vera die Zauberformel verraten hat”, setzte Judith nach. “Ich habe Beweise. Allerdings frage ich mich, woher sie die Formel überhaupt kennt.” Gabriel verzog keine Miene. “Gabriel, Geheimnisverrat ist eine schlimme Sache und in diesem Fall kann es die Existenz des Unternehmens kosten. Wenn Vera auffliegt, wird sie ohnehin keine Rücksicht nehmen. Sie wird Ihren Informanten gnadenlos drangeben. Das kann ich Ihnen garantieren, ich kenne sie.” Judith machte eine Pause und holte Luft. “Es kann nur von Vorteil für Sie sein, wenn Sie jetzt alles zugeben.”
“Was soll ich denn zugeben?” Gabriel wurde laut, seine Stimme drohte zu brechen. “Dass ich schon seit Jahren in Vera verliebt bin? Dass ich versuche, ihre Gunst zu gewinnen, seit ich sie kenne? Dass sie mich bis vor kurzem hat links liegen lassen? Und dass ich so blöd war, die einzige Chance, die sie mir jemals gab, so teuer zu bezahlen?” Judith sah ihn an. Tränen liefen über seine Wangen. Was wusste sie schon von ihm? Fast ein halbes Jahr arbeitete sie jetzt Tag für Tag mit ihm zusammen, aber sie kannte weder seine private Situation noch seine Seelenqualen. Sie war viel zu stark mit sich beschäftigt gewesen, um zu bemerken, wie sehr er gelitten hatte. “Ja, ich weiß, dass Vera charakterlich fragwürdig ist”, sagte er nun. “Aber das ist mir egal. Ich liebe sie, ich liebe sie schon seit so langer Zeit.” Gabriel war an den Straßenrand gefahren, hatte den Kopf aufs Lenkrad gelegt und weinte jetzt hemmungslos. Judith legte ihm die Hand auf den Rücken. “Ist ja gut”, sagte sie. “Hat Vera Sie gezwungen, ihr die Formel zu geben?”, fragte sie. “Was heißt gezwungen”, sagte Gabriel schluchzend. “Sie hat mir klar gemacht, dass ich nur diese eine Chance bekommen würde – und im Gegenzug musste ich ihr die Formel geben.” Gabriel sah Judith an wie ein waidwundes Reh. “Was hätte ich denn tun sollen?”
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Herzschmerz hautnah, Folge 21, ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich
2 Antworten
bea
Ui, gute Besserung für Deinen Kleinen. Hoffe es geht ihm bald wieder besser! —
Was soll man auch viel dazu sagen. Wo die Liebe hinfällt….
sue
Ja, seufz…..
Habe den Kopf nicht so für Bemerkungen frei, mein Sohn ist mit dem Fahrrad schwer gestürzt, Zahn gebrochen, Zahn raus, Gehirnerschütterung -…. ein Lied voller Sorgen… Sue