Ha, jetzt ist Judith aber ins Grübeln gekommen. Nick sorgte sich also um ihre Reputation. Sieht so aus, als wäre sie ein bisschen zu vorschnell gewesen mit ihrem Urteil über Nick. Und jetzt kriegt sie kein Auge zu – zur Strafe.
Judith konnte nicht schlafen. Sie lag im Bett und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Sie fand keine Ruhe. Immer wieder hörte sie Klaus Gruber diesen einen Satz sagen: “… die Reputation einer Person, die ihm sehr am Herzen liegt.” Damit konnte doch nur sie selbst gemeint sein. Und wieder erschien Nick Wanningers Bild vor ihrem inneren Auge. Hatte sie sich tatsächlich so in ihm getäuscht? Bedeutete sie ihm vielleicht doch etwas? Sie hatte geglaubt, ihn erfolgreich aus ihrem Herzen und ihren Gedanken verbannt zu haben, aber seit dem Besuch in der Redaktion klappte das Verdrängen nicht mehr. Und Judith musste sich eingestehen, dass Nick Wanninger ihr selbst auch etwas bedeutete. Der Abend mit ihm war wunderschön gewesen, so leicht und unbeschwert, so fröhlich und vertraut. Es war einfach gewesen, sich in ihn zu verlieben. Sie hatte sich so gut gefühlt, frei von Kummer und Sorgen und von den schrecklichen Erinnerungen, die sie bis dahin ständig begleitet hatten. BJPNQ6YPKCV4
Offenbar war sie zu voreilig gewesen in ihrem Urteil. Hatte sich zu schnell von Vera beeinflussen lassen. Gab es diese Freundin überhaupt, die Nick angeblich hatte? Oder war es einfach eine Lüge von Vera gewesen, eine Fiesheit, um sie und Nick auseinander zu bringen? Hatte sie Nick zu schnell abgewiesen? Judith wusste es nicht. Seit sie nach Bachhausen zurückgekehrt war, kam es ihr vor als stünde ihre Welt Kopf, als hätte ihre Menschenkenntnis sie völlig verlassen. Spielte Nick ein Spiel? Spielte Vera ein Spiel? Und wie hatte sie nur in den Verdacht geraten können, die Zauberformel an die Konkurrenz verraten zu haben? Sie, die ohne die Formel zu kennen, ein völlig neues, am Markt höchst erfolgreiches Produkt entwickelt hatte. Was hatte sie falsch gemacht, dass die Dinge so aus dem Ruder liefen?
Judith griff nach ihrem Smartphone. Eine Email war eingegangen. Wer um Gottes Willen schrieb mitten in der Nacht Emails? Judith setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Nick! Ausgerechnet, dachte sie und stand auf. Es war kalt im Zimmer, aber Judith spürte von all dem nichts. Wie gebannt starrte sie auf den kleinen Bildschirm des Telefons. Nick klang verzweifelt, das musste sie sich eingestehen. Er hatte wohl wirklich keine Ahnung, warum sie nicht mehr mit ihm sprechen wollte. Geradezu flehend war sein Ton, als er sie bat, ihm eine Erklärung zu geben. Was er denn falsch gemacht habe, wollte er wissen. Wenn sie es zuließe, werde er ihr helfen, die Wahrheit über den Verrat der Zauberformel herauszufinden. Er sei sich sicher, dass sie nichts damit zu tun habe. Dafür kenne er sie mittlerweile zu gut.
Judiths Herz machte einen Hüpfer. Sie dachte an die Wochen und Monate ihrer Zusammenarbeit zurück und wie wohl sie sich dabei gefühlt hatte. Sie waren ein tolles Team gewesen, waren sich mit gegenseitigem Respekt und Vertrauen begegnet. Sie musste zugeben, dass Nick Recht gehabt hatte: Die richtige Kampagne machte aus einem Spitzenprodukt erst einen wirtschaftlichen Erfolg. Das hatte sie völlig unterschätzt, sie, die immer mehr auf Fakten gab, als auf Emotionen. In diesem Punkt hatte sie von ihm gelernt. Warum sollte sie nicht auch jetzt auf ihn hören?
Wie wäre es morgen?, schrieb sie zurück. Morgen war Samstag und sie hätten den ganzen Tag Zeit. Einen Spaziergang am Bachhäuser Wasser schlug sie vor. Das lag nah, schließlich hatte sie das Flüsschen ja zusammen gebracht. Judith war voller Freude als Nick antwortete: “Hole Dich um 11 Uhr ab!”
Hier geht’s zur Folge 18 von “Herzschmerz hautnah”
Herzschmerz hautnah, Folge 17, ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich
2 Antworten
bea
Das hört sich gut an und entwickelt sich langsam sehr schön.
sue
Ach , ich fühle so mit …Sue