“Max, mein Lieber! Guten Morgen! So gut gelaunt heute?”
Als Max die Hotelhalle betrat, lief er direkt in Elisabeths Arme. Schick sah sie aus in ihrem hellroten Kleid mit Wasserfallausschnitt und den passenden lachsfarbenen Pumps. Eine schlichte Perlenkette rundete das Outfit ab. Offenbar war sie schon am frühen Morgen beim Friseur gewesen. Ihr Haar war frisch geföhnt und Max wusste, dass dies nur Enrico, Elisabeths italienischer Coiffeur, zu ihrer Zufriedenheit erledigte.
“Hallo Elisabeth. Wie immer siehst Du blendend aus.”
“Du auch, mein Lieber, Du auch. Man könnte meinen, Du seist frisch verliebt. Hahaha.”
“So könnte man es auch nennen”, sagte Max vielsagend.
“Du hattest doch nicht etwa ein Schäferstündchen mit Deinem Zimmermädchen. So kurz vor unserer Hochzeit? Dann wärst Du aber ein böser, böser Junge.” Elisabeth blickte in schelmisch an und schimpfte mit dem Zeigefinger. Hinter ihrer Fassade aber erkannte Max eine bislang ungekannte Schwäche.
“Wie hieß sie noch gleich? Maja, Moni . . .? Jetzt fällt mir doch glatt ihr Name nicht mehr ein.”
“Mitzi, sie heißt Mitzi.”
“Mitzi, natürlich! Der richtige Name für ein Zimmermädchen vom Land. Putzig, wirklich putzig.”
Elisabeth sah ihn an. Ihr Blick war hart. “Ich möchte, dass Du sie entlässt. Und zwar sofort.”
“Hier entscheide immer noch ich, wer wen entlässt. Ist das klar?”
“Max, sei nicht albern. Wenn Du Dich weigerst, werde ich Deinen alten Herrn aufsuchen und ihn nochmal an sein kleines Geheimnis erinnern. Was meinst Du, wie schnell er Deiner Mitzi den Laufpass gibt?”
Angewidert wandte sich Max ab.
“Tu, was Du nicht lassen kannst, Elisabeth. Ich jedenfalls werde jetzt frühstücken. Und zwar allein.”
Er ließ sie stehen und ging in den Frühstücksraum. Kaum, dass er Platz genommen hatte, setzte sie sich ihm gegenüber.
“Elisabeth, ich möchte allein frühstücken. Hast Du das nicht verstanden?”
“Lass mich nie wieder einfach so stehen! Oder Du wirst es bitter bereuen. Morgen schon bist Du mein Ehemann und deswegen werden wir heute zusammen frühstücken. Klar? Ich lasse nicht zu, dass Du meinen guten Namen der Lächerlichkeit preisgibst.”
“Das tust Du schon selbst”, sagte Max ruhig und sah sie an. “Du bist eine herrische, verwöhnte, herzlose Frau ohne Mitgefühl. Andere Menschen nimmst Du nur wahr, wenn sie Dir nutzen können. Respekt ist doch ein Fremdwort für Dich. Und, meine Liebe, ich glaube nicht, dass es viele Leute gibt, die das anders sehen als ich. Soviel zum Thema Lächerlichkeit.”
Max stand auf und ging zum Frühstücksbüffet. Als er zurückkam, war Elisabeth verschwunden.
“Brian, bitte bringen Sie mir einen kleinen Schwarzen. Und, bitte, wo ist Freifrau von Krumau?”
“Die Dame hat den Frühstücksraum verlassen. Kleiner Schwarzer kommt sofort.”
Max setzte sich und sah aus dem Fenster. Er fragte sich, was Elisabeth wohl jetzt wieder aushecken würde. Kritik ließ sie gewöhnlich nicht auf sich sitzen. So ehrlich wie er gewesen war, konnte man auch von Beleidigungen sprechen, das war ihm klar. Aber er hatte sich plötzlich so frei und stark gefühlt, hatte plötzlich kein Blatt mehr vor den Mund nehmen wollen. Elisabeths Erpressungsversuche konnten ihm nichts mehr anhaben. Egal, was sein Vater auch sagen würde, es würde eine Lösung geben. Niemand konnte von ihm verlangen, sein Leben an eine Frau wie Elisabeth zu verschenken. Die Furcht und die Zweifel, die das Geheimnis seines Vaters in ihm ausgelöst hatten, waren verflogen.
Max strich Butter auf ein Brötchen und nahm einen Schluck Kaffee. Noch einmal tauchte Elisabeths wutentbranntes Gesicht vor ihm auf. Sie sah nicht besonders hübsch aus, wenn sie sich aufregte. Doch da war noch etwas anderes gewesen, das ihm aufgefallen war. Irgendetwas in ihren Augen, das er dort noch nie gesehen hatte. Er überlegte, dann war er sicher. Elisabeth hatte Angst gehabt, ja fast schon Panik. Deshalb hatten ihre Augen geflackert und ihr Mund einen unsicheren Zug bekommen. In den letzten vierundzwanzig Stunden musste etwas passiert sein, das sie aus der Fassung gebracht hatte. Max hatte keine Ahnung, was es sein könnte.
“Guten Morgen, Herr Ludenhoff!” Franz Kastlhuber stand plötzlich neben Max’ Tisch. “Und, sind’S schon aufgeregt wegen morgen? Eine Hochzeit ist keine Kleinigkeit. Schon gar nicht mit einem Prachtweib wie Elisabeth. Da kann einem schon die Muffe gehen, was?”
“Ach, der Herr Kastlhuber. Guten Morgen. Haben Sie gut geschlafen?”
“Ja, sehr gut. Und vielen Dank für die Einladung zu Ihrer Feier. Es ist mir eine große Ehre.”
“Da müssen Sie sich schon bei Elisabeth bedanken. Sie hat eine große Leidenschaft für Sportler.” Er lachte. “Auch für ehemalige….!”
Kastlhuber verstand Max’ Seitenhieb offenbar, denn sein Gesicht nahm einen beleidigten Ausdruck an. “Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Herr Ludenhoff. Bis morgen dann”, sagte er eisig und verschwand.
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Grandhotel Herz, Folge 33; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.