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Herzschmerz hautnah, Folge 6

Eingetragen in: Herzschmerz hautnah | 1

Tja, meine Lieben. Judith lässt sich nicht vom schönen Schein blenden, soviel ist mittlerweile klar. Aber manchmal sieht man trotzdem nicht so deutlich. Weder in punkto Traummann, noch was die Boshaftigkeit der Kollegin angeht. Aber lest weiter! Hier kommt Folge 6.

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Bayrischer Wald, Kosmetik
Eine Sahneschnitte hatte Vera ihn genannt.
yohe!**, “yummy yummy”, Some rights reserved , Quelle: www.piqs.de

“Er war schon da!” Vera schaute Judith mit großen Augen an. “Wer war schon da?”, fragte Judith und hängte ihre Jacke über den Stuhl. Es war ganz schön kalt draußen heute Morgen. “Na, wer schon?”, fragte Vera und rollte die Augen. “Nick Wanninger.” “Oh”, sagte Vera und schaltete das Mikroskop ein. Sie hatte in der Nacht wieder schlecht geschlafen und sich deshalb ein bisschen verspätet. “Ich hatte gerade den Computer angemacht”, erzählte Vera weiter. “Da stand er schon in der Tür. Er hat nach Dir gefragt.” “Soso”, antwortete Judith und blätterte in den Papieren auf ihrem Schreibtisch. “Jetzt spann mich doch nicht so auf die Folter”, jammerte Vera. “Was war denn nun gestern? Was habt Ihr besprochen, Wanninger, Sunny und Du?” Sie ließ nicht locker. “Nichts, was Du nicht schon weißt”, sagte Judith. “Es geht um ein neues Produkt.” “Haben Sie Dir die Zauberformel verraten?”, fragte Vera aufgeregt. “Nein”, sagte Judith. “Ich denke, das ist auch nicht nötig. Sie wollen ein ganz neues Produkt, mit einer eigenen Formel, vermute ich. Ich geh gleich mal los und hole Wasser aus dem Flüsschen.” “Quatsch”, sagte Vera. “Das kann doch Susi machen, unsere Assistentin. Nun sag schon, wie findest Du ihn?” “Wen?”, fragte Judith abwesend. Sie war in Gedanken schon bei ihrer neuen Aufgabe. “Na, Wanninger. Ist er nicht eine Sahneschnitte?” Judith sah Vera an. Sie musste grinsen. “Sahneschnitte? Ich weiß nicht, ob das die richtige Beschreibung ist. Für mich ist er eher ein rüpelhafter Bruder Leichtfuß.”

Vera sah sie fragend an. Aber Judith hatte keine Lust, ihr Urteil über Nikolaus Wanninger zu erklären. Sie erwähnte weder das Treffen auf dem Parkplatz, noch sein Benehmen bei der Sitzung am Vortag. Wanninger hatte ganz klar zu verstehen gegeben, was er von den Leuten im Labor hielt. Nämlich nichts. Wie ein Produkt zusammengesetzt war, welche Inhaltsstoffe sich darin in welcher Konzentration befanden, war für ihn völlig ohne Bedeutung. Ob es wirksam war und all die Versprechungen der Werbung einhielt – für Wanninger spielte das keine Rolle. “Eine Kosmetiklinie läuft gut, wenn das Marketing gut ist”, hatte er gesagt. “Die Frauen wollen Träume kaufen, ein Image, eine Illusion. Die Zusammensetzung ist völlig egal, ebenso die Wirksamkeit.” Er war aufgestanden, eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen hatte er wild gestikuliert. Judith war wenig beeindruckt gewesen, Sunny Breimeier umso mehr. Wanninger war offenbar genau das, was der Juniorchef gerne wäre: Dominant, entscheidungsfreudig, kompetent. Sunny machte keinen Hehl aus seiner Verehrung für den Marketingchef. Er ließ ihn reden und nickte ihm hin und wieder mit bewundernden Blicken zu.

Judith hatte versucht, dagegen zu halten. Hatte von Glaubwürdigkeit, von Nachhaltigkeit gesprochen und von Kundenbindung. “Wenn wir eine Frau mit einem minderwertigen Produkt verärgern, verlieren wir sie für immer”, hatte sie argumentiert. “Wir müssen eine wirklich gute, effektive Hautpflege entwickeln, um unserem Ruf gerecht zu werden.” Aber die beiden Männer waren sich bereits einig. “Natürlich, Frau Haffner”, hatte Sunny gesagt. “Sie haben ja Recht. Und ich bin mir sicher, dass Sie mit Ihren Kenntnissen eine Pflege entwickeln können, mit der wir in der Topliga spielen werden. Nur leider”, und er wandte sich Zustimmung suchend an Wanninger, “fehlt uns dafür die Zeit.” “Stimmt genau”, hatte Wanninger prompt gesagt. “Wir brauchen schnell eine Lösung, sonst haben wir gegen ‘La Beauté sublime’ keine Chance.”

“Wenn ich es recht sehe, brauchen Sie mich gar nicht”, hatte Judith gesagt, war aufgestanden und hatte ihren Stuhl an den Tisch geschoben. “Ich bin Chemikerin und keine Verkaufsstrategin. Ich bin es gewohnt, mich an Fakten zu halten und nicht an Träume oder Illusionen.” Sie ging zur Tür. “Ich mache mich jetzt an die Arbeit. Sie hören von mir, sobald ich das Bachhäuser Wasser analysiert habe. Auf Wiedersehen, die Herren!” Die Tür war hinter ihr ins Schloss gefallen.

Hier geht’s zur Folge 7 von “Herzschmerz hautnah”

Herzschmerz hautnah, Folge 6, ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

Eine Antwort

  1. sue
    | Antworten

    So einer ist der Herr Wanninger, dann wird es ja richtig spannend. Und der Abgang von Judith – sehr amüsant.

    Sue

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