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Herzschmerz hautnah, Folge 1

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Liebe Leser! Wie versprochen, beginnt heute ein neuer Groschenroman. Dieses Mal spielt die Geschichte im Bayrischen Wald. Sie ist nicht ganz so kitschig wie die letzte, dafür aber gespickt mit Intrigen und Boshaftigkeiten, die sich gewaschen haben. Die Hauptrolle spielt natürlich die Liebe. Aber das ist ja klar! Na dann, los geht’s! Viel Spaß mit Folge 1!

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Bayrischer Wald, Kosmetik
Manchmal erkennt man giftige Gewächse wie einen Fliegenpilz nicht sofort.
lies.image, “Fliegenpilz”, Some rights reserved, Quelle: www.piqs.de

“Liebe Kollegen, lasst uns das Glas heben. Heute trinken wir auf unsere neuen Kollegin, Judith Haffner. Ich freue mich sehr, dass wir hier im Labor wieder vollzählig sind. Liebe Judith, danke, dass Du uns künftig unterstützt. Santé!” Judith hob ihr Glas und lächelte artig in die Runde. Veras Ansprache war ihr fast ein wenig peinlich. Die Truppe im Labor bestand immerhin aus acht Leuten. Ob da dem Einzelnen tatsächlich eine solche Bedeutung zukam? “Vielen Dank für die guten Wünsche”, sagte sie. “Ich freue mich sehr, hier zu sein und werde mein Bestes geben. Zum Wohl und . . . ich denke, das Buffet ist eröffnet.”

Es war Veras Idee gewesen, anlässlich ihres Einstands eine kleine Party zu geben. Die beiden waren alte Studienkolleginnen und Vera hatte sich sehr bemüht, Judith in der Breimeier OHG unterzubringen. Sie hatte bei Breimeier Junior mehr als einmal ein gutes Wort für sie eingelegt und Judith war in gewisser Weise dankbar – froh, mit dem neuen Job die Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Sie ging zum Buffet, holte sich ein Lachsbrötchen und biss kraftvoll hinein. Endlich, ja endlich, fand sie wieder ein bisschen Freude am Leben, auch wenn die furchtbare Geschichte mit Frederick noch immer jede Sekunde präsent war.

“Und, Frau Haffner, was hat sie zu uns in die Provinz verschlagen?” Judith sah auf. Wie hieß der neue Kollege noch gleich? “Ach wissen Sie”, sagte sie und überspielte ihre Vergesslichkeit. “Für mich ist es nicht Provinz, sondern Heimat. Ich stamme aus Bachhausen.” “Ah, dann sind Sie ja sozusagen ein Eigengewächs.” “Ja, ich liebe den Bayrischen Wald, er ist für mich wie ein Jungbrunnen”, sagte Judith. “Das ist gut”, sagte der Kollege und lachte freundlich. “Dann sind Sie bei uns ja genau richtig. Immerhin verdienen wir damit unser Geld. Haha. Mit der ewigen Jugend, meine ich.” Er zeigte auf die großen Fotos, die an den Wänden des Konferenzraums hingen. Lauter makellose Gesichter. “Ja, Aquapura”, sagte Judith und sah sich um. “Angeblich das Geheimnis einer faltenlosen Haut. Meine Mutter schwört darauf.” “Nicht nur ihre Mutter”, antwortete der Kollege, dessen Namen Judith nicht einfallen wollte. Er zeigte aus dem Fenster. “Tausende von Frauen da draußen vertrauen unserer Kosmetik. Glauben Sie mir, Judith, die Zauberformel wirkt.”

Das große Wunder von Bachhausen, dachte Judith. Die Zauberformel, die die Breimeier OHG innerhalb kurzer Zeit von einem kleinen niederbayrischen Mineralwasserproduzenten in ein international operierendes Unternehmen verwandelt hatte. Wie selbstverständlich wurde heute von Bachhausen aus die große Welt von Luxus, Schönheit und Glamour bedient. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die den ganzen Ort reich gemacht hatte. Es gab in dem kleinen 1000-Seelen-Dorf kaum eine Familie, die ihren Lebensunterhalt nicht bei Breimeier verdiente. Ihre Mutter war vor stolz geplatzt, als sie von der neuen Arbeit ihrer Tochter erfahren hatte. “Mein Gott, Kind. Ein Job bei Breimeier! Und dann auch noch im Labor! Warte es nur ab. Am Ende wirst Du noch die Zauberformel erfahren!”

Judith konnte die Begeisterung ihrer Mutter nicht teilen. Sie hielt Aquapura, die unerhört teure Kosmetiklinie von Breimeier, für einen reinen Marketinggag.  Angeblich, so erzählte man sich, hatte ein Mitarbeiter bei Breimeier im Bachhäuser Wasser ein seltenes Mineral entdeckt, das in Kombination mit anderen Stoffen die Haut nachhaltig straffen sollte. Der Mann sei reich gestorben, sagte man im Dorf, denn der alte Breimeier mit seinem untrüglichen Geschäftsinstinkt habe ihm die Formel sofort abgekauft. Nur ganz wenige Leute in der Firma kannten sie. Ob es sie wirklich gab? Judith hatte ihre Zweifel.

“Und, hast Du Dich gut mit Gabriel unterhalten?” Vera prostete Judith erneut zu. “Ach, Gabriel . . ., ja, sehr nett. Ich danke Dir wirklich sehr, Vera, dass Du mir in dieser schweren Zeit geholfen hast.” “Ach”, sagte Vera. “Ist doch nicht der Rede wert. Ich bin stolz, eine so tolle Frau wie Dich in der Abteilung zu haben. Eine echte Wissenschaftlerin können wir gut gebrauchen. Was denkst Du? Vielleicht findest Du ja eine zweite Zauberformel.” Vera lachte und zwinkerte vielsagend. “Das glaube ich eher nicht”, sagte Judith. “Dafür bin ich viel zu wenig verkaufsorientiert. Und Zauberformel hin oder her, das wichtigste ist doch nun mal das Marketing, oder?” “Klar”, antwortete Vera. “Aber dafür haben wir ja unseren Nikolaus Wanninger. Ein Marketinggenie. Seit der hier ist, verkauft sich Aquapura noch besser. Ein wirklich toller Mann.” Vera beugte sich zu Judith und flüsterte: “Bei dem könnte ich schwach werden.” Judith sah Vera verständnislos an. Derlei Gedanken waren ihr völlig fremd. Schwach werden? Einen Mann lieben? Nur um ihn dann wieder zu verlieren? Judith musste die Tränen unterdrücken, als die Erinnerung an Frederick hochkam. Schnell leerte sie ihr Glas. Sie versuchte zu lächeln, als die Kollegen nach und nach an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten.

Hier geht’s zur Folge 2 von “Herzschmerz hautnah”

Herzschmerz hautnah, Folge 1; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich

Eine Antwort

  1. bea
    | Antworten

    Fängt ja schon ganz vielversprechend an. Ich bin schon sehr gespannt. LG Bea

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