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Grandhotel Herz, Folge 4

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Ach, wenn wir doch nur alle so einen Papa hättten wie Mitzi, oder?

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Wien, Grandhotel
“Aber alle heiraten im Mai. Ich habe keine einzige Freundin, die nicht im Mai geheiratet hat”, jammerte Elisabeth.
Lilly-Charlotte, “Brautstrauß”, Some rights reserved , Quelle: www.piqs.de

“Kommst Du heute Nachmittag raus zum Reitplatz, Schatz? Ich veranstalte ein kleines Probeturnier.”
“Ein Probeturnier? Ich dachte, Du wolltest den Tag mit mir verbringen?” Max blickte verwundert von seinem Teller auf.
“Ja, natürlich. Ich bin davon ausgegangen, dass Du mich begleitest. Das Probeturnier dient der Vorbereitung auf die Dressur Tour Steiermark nächsten Monat.” Elisabeth schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. “Ich würde mir so sehr wünschen, dass Du Dich mehr für mein Hobby interessiert.”
“Elisabeth, bitte. Was soll das? Du weißt, ich kann Pferde nicht ausstehen. Sie sind mir zu groß, zu kräftig und einfach zu unberechenbar. Lassen wir es doch dabei: Du hast Deine Pferde und ich mein Hotel. Außerdem”, fügte er versöhnlicher hinzu, “kommt doch heute die Gräfin.”

Max sah, wie sich Elisabeths Gesichtsausdruck veränderte. Wut und Unverständnis spiegelten sich darin. Sie biss in ihr Brötchen, kaute langsam, nahm dann gemütlich einen Schluck Kaffee – ohne den Blick abzuwenden. Max kannte dieses Spiel. Wie eine Schlange versuchte sie auf hypnotisierende Weise, ihren Gegner in die Knie zu zwingen. Aber er war längst immun. Es war ihm mittlerweile wurscht, ob sie grantig war oder nur sauer, sie hatte keine Macht mehr über ihn. Dieses ewige Getue mit den Pferden ging ihm auf die Nerven.

“Gut’n Morgen, Herr Ludenhoff. Das ist ja schön, dass auch der Cheeeef im eigenen Hotel frühstückt.” Bankier von Hirsau stand am Tisch und begrüßte Elisabeth mit einem formvollendeten Handkuss. Max streckte er die Hand hin.
“Herr Bankier, das ist aber eine Freude”, sagte Max und stand auf.
“Bleiben’S sitz’n, bittschön. Lass’n Sie sich nicht stören. Ich wollt’ nur eben einer schönen Frau Hallo sagen, bevor mein langweiliges Kundengespräch beginnt.” Er deutete mit dem Kopf leicht nach links und zog die Augenbrauen nach oben. “Nix für ungut”, sagte er dann und lachte. “Mein Job ist zu gut bezahlt, als dass ich mich beschwer’n könnt’.” Er klopfte dreimal mit den Knöcheln auf die Tischplatte und wandte sich seinem Kunden drei Tische weiter zu. Dort saß ein älterer Mann mit Glatze und schlimmem Übergewicht. Rechts und links von seinem Stuhl saß ein Dalmatiner. Max beneidete den alten Bankier nicht um das Gespräch, das auf ihn wartete.

“Gut”, sagte Elisabeth. “Dann werde ich heute Nachmittag also allein zum Reitplatz fahren. Schade, aber damit werde ich mich wohl abfinden müssen. Ich will ja unsere Hochzeit nicht gefährden.”
“Wo Du gerade die Hochzeit ansprichst. Können wir sie nicht um ein paar Monate verschieben? Das Frühjahr ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Alle Welt will im Mai nach Wien. Ehrlich gesagt, habe ich dann keinen Kopf für eine Hochzeit.” Max nahm einen Schluck Kaffee aus der feinen Porzellantasse.

“Weißt Du, Schatz, ich glaube langsam, Du willst mich gar nicht heiraten?”
“Wie kommst Du denn darauf? So ein Quatsch. Natürlich möchte ich Dich heiraten. . . . Nur eben nicht im Mai.”
“Aber alle heiraten im Mai. Ich habe keine einzige Freundin, die nicht im Mai geheiratet hat. Und außerdem, wie stellst Du Dir das vor? Vielen Leuten haben wir bereits Bescheid gesagt.”
“Es ist noch keine einzige offizielle Einladung rausgegangen”, korrigierte Max sie.
“Das nicht”, sagte Elisabeth. “Aber auch nach einer mündlichen Ankündigung stehen wir in der Pflicht. Wie sieht es denn aus, wenn wir den Termin verschieben? Die ganze Wiener Gesellschaft wird denken, dass etwas nicht stimmt.”
“Wie auch immer, Elisabeth. Ich muss jetzt los, die Arbeit wartet.” Max stand auf. In dem Moment spürte er, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte.
“Mein Junge, Guten Morgen.”

Max drehte sich um. “Hallo, Vater!” Einige Schritte hinter dem alten Ludenhoff stand seine Frau, die wie immer sehr freundlich schaute. Max drückte sich an seinem Vater vorbei und umarmte seine Mutter herzlich. “Hallo, Mama. Schön, Dich zu sehen. Wie geht es Dir heute?”
“Prima, danke mein Junge. Die Grippe habe ich gottlob gut überstanden. Jetzt habe ich großen Appetit auf ein herzhaftes Frühstück.” Max lachte. Er liebte seine Mutter über alles. Sie war eine Frau mit großem Herzen, wenn auch von schlechter Gesundheit. Seit er denken konnte, war sie immer wieder kränklich, musste das Bett hüten, so dass Max und sein Bruder Carl mehr oder weniger von den Haushälterinnen erzogen wurden. Dennoch hatte sie immer ein Ohr für ihre Kinder, mit jedem Problem konnten sie zu ihr kommen. Der Mutter war es auch zu verdanken, dass Carl und sein Vater wieder miteinander sprachen. Als der Bruder vor fünf Jahren mit einem Zimmermädchen durchgebrannt war, hatte der Vater Carl bezichtigt, die Familie in Verruf zu bringen und jeglichen Kontakt zu seinem Sohn verweigert. Langsam und behutsam hatte die Mutter dafür gesorgt, dass Vater und Sohn sich wieder näher kamen. Und was Max nie für möglich gehalten hatte: Sein Vater war den drei Kindern seines Bruder ein wunderbarer Großvater.

“Ihr habt sicher über die Hochzeit gesprochen? Hab ich recht?”, fragte der alte Ludenhoff jetzt. “Isolde kann es kaum mehr erwarten.” Er zeigte auf seine Frau. “Und ich eigentlich auch nicht.”
“Ja, Paul, das haben wir.” Elisabeth setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. Sie wusste genau, wie sie den alten Herrn um den Finger wickeln konnte. “Und wir sind übereingekommen, dass wir in Bälde die Einladungen verschicken müssen. Es ist März und wir sind fast ein wenig spät dran.”
“Das ist wahr.” Jetzt mischte sich Isolde ein. “Die Leute haben ihre Termine. Ihr müsst Euch in der Tat beeilen, sonst kommt am Ende keiner. Gewartet habt Ihr lange genug.”

Hier geht’s zu Folge 5 von “Grandhotel Herz”.

Grandhotel Herz, Folge 4; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

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