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Grandhotel Herz, Folge 21

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Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Wien, Grandhotel
Elisabeth hatte offenbar eine andere Vorstellung vom Verlauf des Abends als Max.

Max stand vor seinem Kleiderschrank und überlegte. Krawatte ja oder nein? Weißes Hemd oder eher ein dunkles? Was zog man an, wenn man seiner langjährigen Verlobten den Laufpass gab? War es im Grunde genommen nicht egal? Elisabeth würde ausrasten, toben, eine Riesenszene machen. Aber Max fürchtete sich nicht davor. Er fühlte sich stark und voller Energie, nichts konnte ihn mehr aufhalten. Er wollte mit Mitzi zusammen sein und genau das würde er Elisabeth heute sagen. Als hätte sie es geahnt, hatte sie ihn um einen Abend zu zweit gebeten. Sie wollten im Restaurant des Grandhotels dinieren und dann . . . ja, vom weiteren Verlauf des Abends hatte Elisabeth sicherlich eine andere Vorstellung als er.

Max griff zu einem schwarzen Hemd und einer roten Krawatte. Damit würde er Elisabeth die Trennung vielleicht erleichtern. Sie fand, dunkle Farben stünden ihm nicht und sah ihn wesentlich lieber in einem weißen Hemd. Er band die Krawatte um, trug ein wenig Aftershave auf und blickte zufrieden in den Spiegel. Auf in den Kampf, dachte er sich.

Elisabeth wartete bereits in der Lobby. “Hallo Schatz”, sagte sie lächelnd. “Ich freue mich sehr auf unseren gemeinsamen Abend.”

Sie sah umwerfend aus. Ihr Haar hatte sie mit einer einfachen Nadel hochgesteckt, so dass sich bereits ein paar Strähnen gelöst hatten. Die Bluse war weit geöffnet, so dass man den Ansatz ihrer Brüste sah. Dazu trug sie sein Verlobungsgeschenk, eine feine Goldkette mit einem üppig eingefassten Rosenquarz. Er wusste, dass Elisabeth das Schmuckstück zu wenig auffallend fand. Sie trug es ganz offenbar, um ihm zu gefallen. Es gab keinen Zweifel: Elisabeth hatte Romantik und Zweisamkeit im Sinn.

“Lass uns reingehen”, sagte Max und verzichtete bewusst auf Komplimente. Das Restaurant war voll, aber Elisabeth hatte offenbar reservieren lassen. Wie immer, überließ sie nichts dem Zufall. Der Oberkellner führte sich an einen kleinen Tisch für zwei Personen.

“Bitte sehr, Herr Ludenhoff”, sagte er mit einem unüberhörbar englischen Akzent und schob Elisabeth den Stuhl zurecht. Brian war Brite und hatte schon für die Ludenhoffs gearbeitet, als Max noch ein Kind gewesen war. Er gehörte fast schon zu Familie.
“Was möchten Sie trinken?”
“Bringen Sie doch bitte eine Flasche Bollinger, Brian. Das ist dem heutigen Abend gerade angemessen”, sagte Elisabeth und nahm Max’ Hand. “Ich freue mich sehr, dass Du Zeit für mich hast.”
Max überhörte den Seitenhieb. “Elisabeth, ich muss mit Dir sprechen.”
“Aber natürlich, Schatz”, sagte sie und sah ihm tief in die Augen. “Und warum machst Du so ein ernstes Gesicht?”
“Weil es eine ernste Angelegenheit ist, deshalb.”
“Oho, was mag das wohl sein?” Sie machte sich lustig über ihn, eine typische Reaktion, wenn sie sich nicht wohl fühlte in ihrer Haut. Glücklicherweise kam Brian mit dem Champagner.

“Lass uns erst anstoßen. An einem solchen Tag gibt es doch nichts besseres als ein Glas Champagner, oder?”
“Zum Wohl”, sagte Max und hob sein Glas. Für ihn war es ein Abschied.
“Zum Wohl.” Elisabeth stürzte das Glas in einem Zug hinunter. Ein weiteres Zeichen dafür, dass sie nervös war.
“Elisabeth, bitte, hör mir zu”, begann er von Neuem. Sie ließ sich ein zweites Glas einschenken.
“Ich habe mich verliebt.” Wie leicht ihm dieser Satz über die Lippen ging.
“Du hast Dich verliebt? Das kann nicht sein. Du liebst mich!”
“Nein, ich habe mich in eine andere Frau verliebt. Ich werde Dich verlassen.”
“Max, mein Liebster, bitte. Damit macht man keine Scherze. Nicht an einem Abend, den wir endlich für uns beide haben.”
“Elisabeth, hast Du mir zugehört? Das ist kein Scherz. Ich liebe eine andere Frau und möchte mit ihr zusammen leben.”
“Wer ist es?”
“Du kennst sie nicht. Sie heißt Mitzi Pichler.”
“Und woher kennst Du sie?”
“Sie arbeitet bei uns.”
“Haha, wahrscheinlich ein Zimmermädchen, oder?” Elisabeth lachte sarkastisch. “Da wärst Du ja nicht der Erste in der Familie, der sich mit dem Personal einlässt.”
“Du hast Recht, sie arbeitet bei uns als Zimmermädchen. Aber nur, weil sie sich damit ihr Studium finanziert.”
“Oh, eine kleine Studentin. Zieht es Dich jetzt ins Intellektuellen-Milieu? Das ist doch wohl ein Witz.”
“Elisabeth, das ist kein Witz. Das ist die wahre Liebe. Mit Mitzi erlebe ich etwas, was wir beide nie hatten.”

Elisabeth sah ihn an und langsam, ganz langsam wich die Selbstsicherheit aus ihrem Gesicht. Sie schien zu begreifen, dass es Max ernst war. Dennoch versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen.
“Mein Gott Max, verschon’ mich mit diesem Gesülze”, sagte sie und machte eine wegwerfende Geste.
“Du weißt doch selbst, dass wir beide nie zusammen gepasst haben. Uns verbindet nichts außer der Tatsache, dass wir uns schon ewig kennen und unsere Eltern die Verbindung befürworten. Wenn wir uns trennen hast auch Du die Chance eine wirkliche Liebe zu finden.”
“Du bist meine wirkliche Liebe, Max!” Elisabeth sah jetzt sehr verzweifelt aus. Hatte er sich womöglich in ihr getäuscht und sie hegte echte, edle Gefühle für ihn?
“Das redest Du Dir ein, Elisabeth. Denk doch nur dran, wie oft wir uns streiten.”
“Das tun alle Paare, da sind wir keine Ausnahme.”
“Wie auch immer, Elisabeth. Ich möchte, dass wir die Hochzeit absagen und unsere Trennung offiziell bekannt geben.”
“Nein Max”, zischte Elisabeth und ihre Augen wurden zu zwei kleinen Schlitzen. Das war ihre Kampfmiene. “Du kannst mich nicht verlassen.”
“Genau das werde ich tun”, antwortete Max. Er war gewappnet, er kannte die Szenen, die Elisabeth machte, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Wider Erwarten aber blieb sie völlig ruhig. Sie sah ihn an und ihr Blick war eiskalt.
“Wenn Du mich verlässt, erfährt alle Welt das böse Geheimnis Deines Vaters.” Triumphierend lehnte sie sich zurück. “Und ich schätze mal, das wirst Du nicht wollen.”

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Grandhotel Herz, Folge 21; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

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