Home » Grandhotel Herz » Grandhotel Herz, Folge 10

Grandhotel Herz, Folge 10

Eingetragen in: Grandhotel Herz | 1

Es sind Ferien und viele von Euch sind sicherlich dorthin gefahren, wo die Sonne scheint. Spanien, Türkei oder noch weiter weg. Aber Leute, auch dort kann man Groschenromane lesen. Sie passen sogar bestens zu den herrlichen südlichen Sonnenuntergängen. Oder?

Kitsch, Groschenroman, Liebe, Herzschmerz, Liebesroman, Carola Pigisch, Wien, Grandhotel
Immer wieder strich Mitzi das Laken glatt.
Nessquick, “Hotelzimmer”, Some rights reserved , Quelle: www.piqs.de

Erneut schüttelte Mitzi das Laken auf. Leicht wie eine Feder legte sich der kostbare Stoff auf die Matratze nieder. Mitzi nahm die Enden und steckte sie ordentlich gefaltet unter der Matratze fest. Sorgfältig fuhr sie mit der flachen Hand über das Laken und versuchte so die letzte kleine Falte auszustreichen. Kaum geschehen, zeigte sich an anderer Stelle wieder ein neuer Knick. “So ein Mist”, rief Mitzi. “Das lerne ich nie.”

Es war ihr vierter Arbeitstag als Zimmermädchen und sie tat sich immer noch schwer mit den Routineaufgaben. Frau Reitinger hatte sie am ersten Morgen gleich spüren lassen, dass sie nichts von ihr hielt. “Das ist die Neue”, hatte sie abfällig zu Sylvie, einem langgedienten Zimmermädchen, gesagt. “Nehmen Sie sie unter Ihre Fittiche, zeigen Sie ihr alles, was Sie wissen muss. Aber passen Sie genau auf, dass Sie alles richtig macht. Ich hege allerdings keine große Hoffnung, dass das gelingt.”

Mitzi riss das Laken vom Bett. Seit einer halben Stunde ärgerte sie sich nun schon mit diesem Bett herum. Wenn sie so weiter machte, würde sie niemals um halb zehn fertig sein mit ihrer Arbeit. Und Frau Reitingers würde ein weiteres Mal triumphieren.
Wild entschlossen, die Probezeit zu überstehen, schüttelte sie das Laken auf. Dabei drehte sie sich leicht um und sah aus dem Augenwinkel jemanden an der Tür stehen.
“Toni”, fragte sie erschrocken, “was machst Du denn hier?”
“Da staunst Du, was?”
“Ja.” Mehr wusste Mitzi nicht zu sagen.
“Ich dachte mir, ich muss mal nachsehen, was mein Mädchen so macht. Du hättest doch Bescheid geben können und nicht einfach sang- und klanglos verschwinden.”
“Toni, bitte!” Mitzi glaubte eine leichte Aggressivität in seiner Stimme zu hören.
“Wie kannst Du es wagen, mich einfach sitzen zu lassen?” Grob griff er nach ihrem Arm.
“Toni, hör auf. Ich habe Dir alles erklärt und Du weißt genauso gut wie ich, dass wir nicht zusammen passen.”
“Das glaubst Du!” Sein Griff wurde fester. “Aber Deine Flausen werde ich Dir schon noch austreiben. Medizin studieren, so ein Quatsch. Was besseres will’s wohl sein, das Fräulein. Aber nicht mit mir. Du kommst jetzt sofort nach Hause.”
“Lass mich los!” Mitzi versuchte, Toni abzuschütteln, aber er hielt sie nur noch fester.
“Au, Du tust mir weh.”
“Wart’ nur ab, ich werd’ jetzt andere Saiten aufziehen.” Toni zog sie am Arm aus dem Zimmer auf den Flur des Hotels.
“Toni, lass los. Ich werde nicht mit Dir mitgehen.”
“Das werden wir ja sehen.” Toni brüllte nun und hob die Hand. In Erwartung des Schlags duckte sich Mitzi reflexartig weg. Da griff plötzlich jemand nach Tonis Arm und bog ihn nach hinten. Toni schrie auf vor Schmerz.

“Was ist denn hier los?” Ein groß gewachsener Mann hielt Toni fest. “Geht es Ihnen gut?”, fragte er Mitzi.
“Ja, ja, danke”, stammelte sie, selbst von der Heftigkeit der Ereignisse überrumpelt. Toni hätte sie geschlagen, wäre der Fremde nicht dazu gekommen.
“Sind Sie sicher?” Der Mann schaute sie eindringlich an und Mitzi blickte in die schönsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte. Sie trugen die Farbe des Meeres an einem ruhigen, windstillen Sommertag. Eine dunkle Haarsträhne war dem Fremden in die Stirn gefallen, der ansonsten akkurat frisiert und gekleidet war.

“Ja, ich bin sicher”, hauchte Mitzi. Sie konnte sich kaum von den blauen Augen trennen und merkte gar nicht, dass sie sich die ganze Zeit den schmerzenden Oberarm gerieben hatte. Dort, wo Toni zugepackt hatte, war jetzt ein großer, unschöner Fleck zu sehen. Ein Schauer überlief sie, als der Mann mit dem Finger sanft darüberstrich.
“Nicht schlimm”, sagte er, “das geht vorüber.” Er lächelte und Mitzi hatte das Gefühl, sein Lächeln gehöre nur ihr. Sein ganzes Gesicht strahlte, aber vielleicht lag das auch an den makellos weißen Zähnen, die er zeigte. “Kennen Sie diesen ungehobelten Typen”, fragte er.
“Ja, leider. Er ist mein Verflossener und er will offenbar das Ende unserer Beziehung nicht akzeptieren.”
“Sieht ganz so aus”, sagte der Fremde und packte Toni am Kragen. “Sie verschwinden jetzt auf der Stelle und lassen sich hier nie wieder blicken. Haben Sie mich verstanden?” Er schubste Toni von sich weg.

“Was fällt Ihnen ein?”, brüllte dieser und strich sein Hemd glatt. “Sie eitler Fatzke. Ich lasse nicht zu, dass Sie sich an meiner Freundin vergreifen.”
“Haben wir uns verstanden?” Nun brüllte auch der Fremde. “Hinaus!” Er zeigt zum anderen Ende des Flurs, wo sich der Aufzug befand. “Nein, keine Widerrede!”, brüllte er als Toni Luft holte.
“Toni, geh jetzt”, sagte Mitzi. “Sonst hole ich die Polizei.”
Toni schüttelte den Kopf. “Das wirst Du mir noch büßen”, drohte er und ging Richtung Aufzug. “Freu Dich ja nicht zu früh!”

Mitzi atmete auf als sich die Aufzugtür hinter Toni schloss. “Danke”, sagte sie und wagte einen weiteren Blick in diese unergründlich blauen Augen. “Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn Sie nicht gekommen wären.”
“Gerne geschehen”, sagte der Fremde. “Kommen Sie! Auf diesen Schreck genehmigen wir uns was Hochprozentiges.”
“Aber, die Betten . . .” Hilflos zeigte Mitzi in das noch ungemachte Zimmer.
“Sie machen einfach später weiter, würde ich sagen.” Er lachte sie an. “Wenn wir beide uns ein bisschen beruhigt haben.”
“Aber, Frau Reitinger . . .”, machte Mitzi einen weiteren Versuch.
“Machen Sie sich keine Sorgen um Frau Reitinger. Das regle ich.” Er streckte ihr die Hand entgegen: “Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Max Ludenhoff, meinem Vater gehört das Hotel.”

Hier geht’s zu Folge 11 von “Grandhotel Herz”.

Grandhotel Herz, Folge 10; ein Liebesroman alter Tradition, Kitsch und Herzschmerz inklusive – wie beim Groschenroman üblich.

Eine Antwort

  1. Sue
    | Antworten

    Na endlich, du machst es aber auch wieder spannend …LG Sue

Deine Gedanken zu diesem Thema